1. Tag (1. Juni 2022): Anfahrt aus Ungarn – durch Österreich – 567 km
Zunächst haben wir Ungarn über Land- und Bundesstraßen verlassen, weil uns zwei Pickerl für etwa 30 € zu teuer waren, um über Maribor den schnellsten Weg zu wählen. Der nächste Grenzübergang in Richtung A2 Graz war Heiligenblut/Sangottard. Die Autobahn Wien/Graz nach Klagenfurt und Villach ist mit vielen Kurven und Tunnels ausgestattet. Da ich sie noch nie gefahren bin, war es eine Überraschung. Das Navi leitete uns vor Villach wegen einer Sperre nach Hermagor und Lienz um, wo mir die Strecke einigermaßen bekannt war. Im Grenzort Sillian zu Italien fanden wir einen ersten kleinen Campingplatz, wo wenig los war. Über die 567 Kilometer waren wir selber erstaunt.
Am zweiten Tag (267 km) fuhren wir dem Pustertal entlang bis nach Brixen, wo wir die Autobahn-Auffahrt verpassten. In Klausen ging es dann bis Bozen zügig voran und Meran ließen wir rechts liegen. Durch die vielen neuen Ortsumfahrungen im Vintschgau – meist als Tunnel – waren wir am frühen Nachmittag schon in Mals, wo die erste Passfahrt über den Ofenpaß (2.160 m) anstand. Die Straße ist gut ausgebaut, verglichen zu meinen Erinnerungen vor über 60 Jahren. Der Schweizer Zöllner winkte uns locker durch, in solchen kleinen Womos ist kein Platz für Schmugglerware oder Geldkoffer. Der Ofenpass führt in den ältesten Naturschutzpark von Graubünden und der Alpen. In Zernez übernachteten wir direkt am Inn auf einem gepflegten Campingplatz.
3. Tag: Davos – Tiefenkastel zum Vorderrhein – 119 km
Es geht dann über den Flüela-Pass mit 2.358 m flugs nach Davos, vorbei an den noblen Hotels (Belvedere), wo wir mittags einen Bummel machten. Leider war es dann mit dem Sonnenschein vorbei und wir reisten weiter im Regen Richtung Tiefenkastel und Lenzerheide, wo die Zeltplätze im Wald nicht einladend aussahen. Dadurch war auch das nächste Ziel schnell ausgemacht: durch Chur hindurch an die Rheinschlucht des Vorderrheins. Auf der alten Straße wurde es dann erstmals richtig eng, doch wir kamen ohne Gegenverkehr durch. In der Ortschaft Carrera war der Natur-Campingplatz voll besetzt, und wir parkten vor der Schranke. Dieser Platz war von lauter Kanuten bevölkert, die auf dem Rhein durch die Rheinschlucht paddeln. Die Sanitär-Einrichtungen hatten den Charakter der Bierlein-Hütte im Allgäu, nur etwas moderner. Am nächsten Tag wollten wir zum Vorderrhein etwa 300 m hinabsteigen auf einem Waldweg. Am Wegrand standen Orchideen (Waldvögelein). Der Glacier-Express rauschte an uns vorüber. Die Rheinschlucht entstand vor 9.500 Jahren durch den wohl gewaltigsten Bergsturz der Alpen – großartige Landschaft.
4. Tag – Pfingstsonntag: Oberalp-Pass – Andermatt – Sustenpass– 120 km
In Ilanz verlassen wir die schmale Straße der Rheinschlucht und fahren über den Oberalp-Pass nach Andermatt. Für die Rhätische Bahn ist es die höchste Bergstrecke. Sie begleitet uns mit zahlreichen Brücken und Galerien. Auf der Passhöhe (2.055 m) warten die roten Züge aufeinander auf der eingleisigen Strecke.
Eine Schautafel verrät uns, dass wir am Quellgebiet der großen europäischen Flüsse sind: Rhein und Rhône. Jetzt verlassen wir den Kanton Graubünden, in dem wir bisher waren und sind im Kanton Uri. Nach Andermatt geht’s ein paar Kilometer entlang der Gotthard-Autobahn, auf der sich vermutlich wegen Blockabfertigung in der Gegenrichtung lange Staus gebildet haben. Nun entscheiden wir uns, dass wir anstelle von Furka- und Grimselpass die ruhige alternative Route wählen. Gerlinde führt uns nun sicher über den Sustenpass, der wenig Verkehr und eine hochalpine Gebirgslandschaft bietet. Auf der Passhöhe (2.224 m) fahren wir kurz durch Nebelschwaden, die ein Gewitter-Regen ankündigen. In Gadmen am Ende der Passstraße finden wir einen netten kleinen Campingplatz, wo wir den Tag ausklingen lassen.
5. Tag Pfingstmontag: – Kurze Fahrt (50 km) vorbei an der Aareschucht auf der 11 zum Brienzersee, auf der Südseite A8 nach Interlaken. Der TSC-Camping lag direkt an der Schiffsanlegestelle und dem SBB Bahnhof Interlaken Ost an der Aare.
Erste Erkundung mit Gerlindes defektem Rad durch den Touristenort mit viele alten Hotel-Palästen.
Die Jungfrau und der Mönch zeigten sich imm Sonnenschein.
Abends Gewitterregen.
6. Tag: Interlaken
Am zweiten Tag in Interlaken musste zunächst die elektronische Steuerung von Gerlindes Rad erneuert werden. Dank des Internets haben wir einen super E-Bike-Laden gefunden, der die Bosch-Steuerung innerhalb von 10 Minuten austauschen konnte. Wir waren erleichtert und konnten eine kleine Tour am Bielersee nach einem trüben Morgen unternehmen.
7. Tag: Zu den Sehenswürdigkeiten der Region nach Thun (79 km)
Es sind uns die übermäßig vielen Touristen aus Japan, Indien und dem fernen Osten aufgefallen, die Europa in 14 Tagen bereisen. Unbedingt dazu gehört eine Auffahrt zum Jungfraujoch. So weit hinauf wollten wir nicht.
Nachdem sich am Morgen die Wolken lichteten, fuhren wir zunächst nach Lauterbrunn zum Staubbach-Wasserfall.
Die Zahnradbahn zur Kleinen Scheidegg fährt von Wengen hinauf; wir sahen die Züge.
Nun wollten wir auch noch Grindelwald sehen, jenen sagenumworbenen Bergsteiger-Ort. Doch es waren nur große Hotels zu sehen und von der Eigernordwand ein wenig spektakulärer Seitenblick. Denn die meisten Aufnahmen werden von der Kleinen Scheidegg aus gemacht. Der Gedanke, hier eine Nacht zu verbringen, war schnell verflogen.
Es ging daher gleich zurück nach Interlaken und nach Thun (79 km), wo wir wieder am 5 Sterne Platz des TCS am See blieben. Trotz des Regens fuhren wir mit dem Rad in die schöne „Wasserstadt“ Thun, durch die die Aare schwungvoll fließt. Unser Reiseführer schreibt vom Eindruck eines „frisch polierten Venedig“.
8. Tag: Weitere Pässe
Nun kam Gerlindes großer Tag – 152 km fuhr sie über zwei Pässe, und das noch bei regnerischen Verhältnissen.
Zunächst ging es auf der 11 durch das malerische Niedersimmental, wo sich die Schweiz mit ihren Bauernhäuser „echt schweizerisch“ zeigt.
Dann kam der Jaunpass mit 1509 m, wo oben ein tolles Skigebiet im Winter aufwartet. Bei Gruyères, der Käsestadt kommen wir auf die 190 zum Col des Mosses mit 1445 m. Leider regnet es dort und wir können wieder sie Skiabfahrten und Langlauf-Loipen nur erahnen. Nun geht es tausend Höhenmeter hinab und wir stoßen in Aigle ins Rhônetal mit dem ersten Weinbau.
In Noville ist unser nächster Platz, mitten im Naturschutzgebiet Les Grangettes im Rhônedelta (wo sie in den Genfersee/Lac Léman fließt).
Da der Wetterbericht für die nächsten Tage Sonne ohne Ende verheißt, bleiben wir gleich drei Tage.
9. und 10. Tag: Kultur und Entspannung am Genfersee
Mit dem Rad geht’s nach Villeneuve und zum Savoyer Schloss Chillon. Die Besichtigung des Schlosses anhand eines Audioguide fanden wir ausgesprochen interessant.
Der Nachmittag bot dann ein erstes Bad im See, wobei ein Schwimmen nicht möglich war, weil die Wassertiefe knapp einen halben Meter betrug. Der Sandboden speichert das Wasser, sodass die geschätzte Temperatur 18 Grad betrug.
Am nächsten Tag ging’s zunächst über die Rhône zum Einkauf im Migros und dann zu Fuß auf dem Wanderweg durch das Naturschutzgebiet.
Nachmittags dann wieder Baden und endlich Zeit, diese Nachrichten zu tippen.
11. Tag: Weiterfahrt am Genfersee nach Neuchâtel (Neuenburg) und den Bielersee – 127 km
Die Autobahn A9 ist bei Montreux wunderbar an den Berg gebaut, sodass ein Blick über den Genfersee möglich ist. Wir umfahren Lausanne und dann nordwärts an den Neuenburger See nach Neuchâtel. Die Stadt ist schön an den Hügel gebaut, von wo aus wir erstmals wieder ins Berner Oberland sehen mit Eiger, Mönch und Jungfrau. Dieser Anblick überrascht uns sehr und wir behalten ihn noch bis Bern.
Nur noch wenige Kilometer sind es dann an das Südufer des Bielersees nach Erlach. Der See hat sogar Gerlinde zum morgendlichen Bade eingeladen.
12. Tag: Erkundung der St. Petersinsel
Durch die Juragewässerkorrektion 1878 wurde der Wasserspiegel des Bielersees um 2,5 Meter abgesenkt und die ursprüngliche Insel bekam einen Landzugang (5 km schnurgerade). Ein kleines cluniazensisches Kloster – vor 900 Jahren erbaut – steht im Zentrum der Insel. Mit dem Radl haben wir uns dorthin aufgemacht.
Den Rest des Tages verbrachten wir mit Baden und Lesen (wozu sich doch der SPIEGEL-ONLINE bestens eignet).
13. und 14. Tag: Ausklang der Reise mit Bern
Per Autobahn waren wir vom Bielersee in 41 Kilometer schon in Bern. So klein kann die Schweiz sein!
Im Zentrum der Stadt liegt direkt an der Aare der wunderschöne Camping Eichholz. Von dort ging es gleich in die Stadt: Bundeshaus und die anderen Sehenswürdigkeiten auf der Aare-Halbinsel.
Was uns jedoch am meisten überrascht hat, waren die vielen Aare-Schwimmer im Fluss. Es ist wohl der große Volkssport, sich in die Fluten der sprudelnden Aare zu werfen und sich einfach mit der Strömung treiben zu lassen. Jeder hatte in einem wasserfesten Sack seine Kleidung/Schuhe dabei, um nicht wieder barfuß zum Einstiegsort gehen zu müssen.
Die andere Überraschung war das kostenlose Ticket für den Nahverkehr, also die Straßenbahn. Wir haben sie dann am nächsten Tag zur Erkundung des Bärengrabens und der City verwendet.
Am Abend dann habe ich mir im Camping-Restaurant noch ein Bier geleistet: die Halbe kostete 8 CHF – soviel zur teueren Schweiz. Auf die Kugel Eis für 4 CHF haben wir dann doch verzichtet.
Letzter Tag: Rückreise nach Bischofswiesen 600 km
Von Bern aus ging es dann auf der A1 über Olten an Zürich vorbei (kleiner Stau an einer Baustelle), Winterthur und St. Gallen nach Dornbirn und über den Pfändertunnel die A96 über München nach Hause. Kurz nach der Grenze bei Siegmarszell hielt uns dann die Polizei auf mit Kontrollen zum bevorstehenden G7-Gipfel. Wir sind der Kontrolle ausgewichen und über Schlachters (einem kleinen Ort, wo früher eine Tante wohnte) zur nächsten Auffahrt gefahren.
Ja, wir merkten: Deutschland und besonders Bayern hat uns wieder.
Erster Rückblick auf unsere Schweizfahrt:
Mit dem Wetter hatten wir im Großen und Ganzen Glück. In den ersten Tagen in Graubünden gab es am Nachmittag/Abend immer mal wieder ein Gewitter; dafür war es dann meist am nächsten Morgen wieder ein wolkenloser Himmel. – Ab dem Genfersee schien die Sonne richtig heiß und das Baden war eine gewisse Abkühlung.
Dass die Schweiz teuer sei, haben uns viele vorher schon gesagt. Dass sie aber soooo teuer ist, haben wir erst selber erfahren müssen. Auch in vielen Gesprächen auf den Campingplätzen haben uns die Schweizer selber bestätigt, dass in letzter Zeit die Preise gewaltig angezogen haben. Wir haben einmal nur für 2,30 Schweizer Franken getankt (2,50 der Diesel war Höchstpreis), ansonsten halt in Österreich zu Beginn und Ende der Reise. Insgesamt sind wir 2.690 Kilometer gefahren – für bisherige Skandinavische Verhältnisse ja gerade mal die Anreise dorthin.
Fedor hat uns tapfer über alle Pässe gezogen und uns nicht im Stich gelassen. So haben wir diese Ausfahrt genossen und sind dankbar, wieder behütet und wohlbehalten zuhause angekommen.
Hier folgt eine Tabelle der einzelnen Campingplätze mit GPS und Übernachtungspreise
Und hier kommt die Diaschau von ausgewählten Bildern